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Symbiose und Parasitismus im Ökosystem


Ökosystemen - Symbiose von Pilzen - Bilder von Steinpilzen im Wald

Zu den natürlichen Lebensäußerungen im Ökosystem gehören auch die faszinierenden biologischen Phänomene der Symbiose und des Parasitismus. So sind Parasiten im Abhängigkeitsgefüge der biozönotischen Ordnung meist mannigfaltig verankert. In manchen Ökosystemen kommt Symbionten (Symbiose-Partnern) innerhalb des Stoffkreislaufes sogar eine beachtliche Bedeutung zu (z.B. Symbiose von Pilzen mit Wurzeln höherer Pflanzen = Mykorrhiza). Beide Phänomene haben sich erst im Laufe einer langen Entwicklung herausgebildet und sind zweifellos sehr alte, deswegen jedoch keine ursprünglichen Lebensäußerungen von Organismen. Anhand von Fossilien konnte übrigens ein parasitisches Verhalten bereits bei bestimmten marinen Ringelwürmern im Karbon nachgewiesen werden.

Was ist Symbiose?

Was verseht man unter eine Symbiose? Ausgehend von der wörtlichen Übersetzung (griechisch: syn = zusammen, bios = Leben) das enge Zusammenleben verschiedener Organismen. Dieses ist im allgemeinen für die Symbiotonen lebensnotwengig und von gegenseitigem Vorteil Partner können dabei zwei verschiedene Pflanzen-, Tierarten oder auch Tier und Pflanze sein. In Tümpeln, Teichen und Weihern finden sich in erster Linie Ernährungssymbiosen von Blaualgen und Grünalgen auf der einen und tierischen Organismen auf der anderen Seite vor. Bereits im vorigen Jahrhundert erregten intensive grüne Süßwasserschwämme (Spongillidae), die sich von den anderen sonst meist weißlich, gelblich, grau bis braun gefärbten Exemplaren deutlich abhoben, Aufmerksamkeit. Anfangs räumte man noch die Möglichkeit ein, dass hier „tierisches Chlorophyll“ vorliegen würde, bis dann später im Geweihschwamm (Spongilla lacustris) und sogar in dessen Gemmulae Grünalgen der Gattung Chlorella als Symbioten nachgewiesen wurden.
schöne Naturbilder Symbiose - Zusammenleben von zwei Pflanzen

Am bekanntesten ist aber das Zusammenleben der Grünen Kugelalge (Chlorella vulgaris) mit dem weit verbreiteten Süßwasserpolyp (Chlorohydra viridissima). Im Polyp leben die Algen hauptsächlich in der den Körperhohlraum auskleidenden inneren Zellschicht (Entoderm). Sie geben einen Teil ihrer Assimilate, offenbar als Glukose und Maltose, sowie Sauerstoff an den Polyp ab. Eine Anzahl von ihnen wird allerdings nachweislich verdaut. Bei einem Vermehrungsüberschuss an Algen tragen diese dann zur Ernährung des Partners bei. Von ihm beziehen sie vor allem Kohlendioxid. In dem Zusammenhang sei nicht unerwähnt, dass Polyp und Schwamm auch ohne „Zoochlorellen“ auskommen können. Sobald der Polyp Knospen ausbildet, werden Algen in sie eingelagert. Es kommt sogar über das sich am Muttertier entwickelnde Ei zu einer Weitergabe an die nächste Generation.
Süßwasserpolyp (Chlorohydra viridissima) - Symbiose unter Pflanzen

Darüber hinaus lebt Chlorella vulgaris symbiotisch z.B. im Grünen Pantoffeltier (Paramechium bursaria), in der Amöbe Mayorella viridis, im Grünen Strudelwurm (Dalyellia viridis), Zoochlorellen-Rädertier (Itura aurita) und in anderen Tierarten. Außerhalb des Wassers tritt die Art besonders als Algenpartner (Phycobiont) in Flechten auf, die bekanntlich bei entsprechender Beobachtung und Auswertung als empfindliche Bioindikatoren zur Überwachung der Luftqualität (Luftverunreinigung durch SO² usw.) dienen können.
Amöbe Mayorella viridis - Kleine Parasiten im Wasser

Blaualgen (Cyanophyta) – gelegentlich auch als Phycobioten in Flechten vorkommend- bilden unter anderem Symbiosen mit Wasserfarnen (z.B. trägt Anabaena azollae zur Stickstoffversorgung von Azolla bei), Algen, Geißel- und Wimpertierchen. Da die Mikrowelt unserer stehenden Flachgewässer meist nur ungenügend untersucht ist, sind über die Häufigkeit und Verbreitung solcher symbiotischer Systeme zu wenig orientiert. Außerdem war z.B. die symbiotische Partnerschaft zwischen Blaualgen und einzelligen Algen lange Zeit umstritten. Heute ist bekannt, dass die Wirtsalgen über keine eigenen Farbstoffträger (Chromatohoren) verfügen und die blaugrünen Endosymbioten (als Cyanellen bezeichnet) wohl die Funktion von Chromatophoren, d.h. die photosynthetische Kohlenstoffassimilation, übernehmen. Entsprechende Synthesleistungen wurden mittels radioaktiv markiertem Kohlendioxid, die Sauerstoffproduktion durch Einsatz einer Sauerstoffelektrode nachgewiesen.
Mikrowelt in stehenden Flachgewässer - schöne mikroskopische Bilder


Parasitische Lebensformen

Weitaus größer als die Zahl der symbiotisch lebenden Arten und Organismen ist die der parasitischen Formen. Zur Vielzahl der Parasiten unter den Bakterien, Pilzen und Bedecktsamern kommt ein Heer von tierischen Parasiten hinzu. Obwohl der Parasitismus im Tierreich weit verbreitet ist, weisen die einzelnen Tiergruppen diesbezüglich ganz unterschiedliche Anteile auf. Während manche nur wenige oder keine parasitischen Arten enthalten, bestehen die Klassen der Sporentierchen (Sporozoa), Saugwürmer (Trematodes), Bandwürmer (Cestodes) und Kratzer (Acanthocephale) restlos aus Parasiten.
Großaufnahme von Parasiten - Schöne Insektenbilder

Obligater Parasit

Die Vielzahl der parasitischen Formen, zahlreiche Grenzfälle sowie unterschiedliche Betrachtungsebenen erschweren die Charakterisierung der außerordentlich komplexen Erscheinungen des Parasitismus. Echter obligater Parasitismus ist nach Odening (1974) „einseitiges ökophysoilogisches Angewiesensein auf einen andersartigen, lebenden, im allgemeinen größeren Wirtsorganismus, aus oder durch dessen Körper (= auf dessen Kosten, zu dessen Lasten) lebensnotwendige Bedürfnisse befriedigt werden, der als Lebensraum dient und der im Normalfall nicht getötet wird“. Neben dem obligaten Parasit, der also ohne seinen Wirt nicht existierten kann, gibt es den fakultativen Parasit.

Parasit an Fisch

Fakultativen Parasit

Für ihn trifft diese Abhängigkeit nicht zu. Er lebt nur gelegentlich parasitisch (z.B. bestimmte Pilze, Larven einiger Fliegerarten). Bei aufmerksamer Beobachtung kann man auch ohne Hilfsmittel Außenschmarotzer (Ektoparasiten) relativ leicht entdecken. Ich will hier den Parasitenbefall von Fischen in den Vordergrund stellen.
Parasitenbefall von Fischen - Fisch mit Außenschmarotzer

Fischern und Anglern ist die besonders unter den Bedingungen industriemäßiger Produktion sowie in dicht besetzten Brut- und Hälterteichen akute Gefährdung durch den Ziliat Ichhyophthirius multifiliss hinreichend bekannt. Die Parasiten sind als weiße Pünktchen (Grießkörnchen- oder Weißpünktchenkrankheit) oder schmutzigeweiße Flecken (fortgeschrittenes Krankheitsstadium) auf der Haut von Fischen, bevorzugt an Kiemen und Flossen, eigentlich nicht zu übersehen.
Weißpünktchenkrankheit an Fischen - Kranke Wasserlebewesen

Gleichfalls an Kiemen und auf der ganzen Haut können bei Karpfen (Cyprinus carpio), Hecht (Esox lucius), Flussbarsch (Perca fluviatilis) und verschiedenen anderen Fischarten zeitweilig Fischläuse (Argulidae) parasitieren. Die etwa 5 bis 13mm langen, wegen ihres stark abgeflachten Körper und Anheftvermögens irreführend als „Laus“ bezeichnet, niederen Krebse saugen mitunter sogar an Frosch- und Krötenlarven Blut. Bei der in Mitteleuropa vorkommenden Gattung Argulus sind in Anpassung an die parasitische Lebensweise aus dem Basalteil des vorderen Maxillenpaares röhrenförmige Saugnäpfe entstanden. Auch die anderen Mundgliedmaßen tragen mit ihren Hakenbildungen zum Festhalten am Wirt bei. Der Hinterleib (Abdomen) ist ungegliedert, gleidmaßenlos und zu einer breiten (Schwanzflosse“ umgewandelt. Mit ihren acht Brustbeinen, deren Äste reich mit Ruderborsten besetzt sind, können sie verblüffend schnell und geschickt schwimmen. Während die direkte Schädigung der Wirte – soweit kein Massenbefall vorliegt – meist relativ gering ist, bilden diese Ektoparasiten vor allem als potentielle Überträger des Erregers der gefürchteten Infektiösen Bauchwassersucht eine große Gefahr für den Fischbestand.
Fischläuse (Argulidae) - Kleine Parasiten in Gewässern


Auch der Gemeine Fischegel (Piscicola geometra) kann Aeromonas punctata übertragen. Die durch Querbindungen sowie einen scheibenförmigen vorderen und hinteren Saugnapf gekennzeichneten Egel sitzen mit ausgestrecktem Körper (bis 100mm lang) in Suchposition an Wasserpflanzen. Schwimmt ein Fisch vorbei, dann heften sie sich mit dem Mundsaugnapf fest und beginnen Blut zu saugen. Dieses wird in mehreren Magenblindsäcken unter Wasserentzug eingedickt und gespeichert. Nach einigen Tagen, manchmal erst einem Monat, verlassen sie den Wirt wieder.
Gemeine Fischegel (Piscicola geometra) - Bilder aus der Natur

Die bekannteste Egelart ist ohne Zweifel der Medizinische Blutegel (Hirudo medicinalis) Während die Jungtiere oft räuberisch leben oder an kleineren Fischen, Kaulquappen und Fröschen Blut saugen, gehen die erwachsenen Egel Warmblüter einschließlich des Menschen an. Die aufgenommene Blutmenge kann das 10fache ihres Körpergewichtes ausmachen. Der Einsatz von Blutegeln für Heilzwecke ist ein interessantes Kapitel der Medizingschichte.
Medizinische Anwendung von Blutegel (Hirudo medicinalis) - Blutegel auf Haut saugt Blut

Nach Sanskritüberlieferungen wurden die Tiere schon im 5. Jahrhundert v.u.Z. Von der alten indischen Medizin benutzt. Als Begründer der Blutegelbehandlung gilt jedoch Themison von Laodicea (1. Jahrhundert v.u.Z.), ein Schüler des Asklepiades. Er führte das Wesen der Krankheit auf einen Zustand der Spannung oder Erschlaffung zurück. Zur Heilung solcher Spannungen (status strictus) wendete er neben Aderlass und Schröpfen auch Blutegel an. Im Mittelalter griffen Ärzte, außerdem Bader und Quacksalber, immer mehr auf die Applikation von Blutegeln zurück. Man setzte die Egel bei Entzündungen, Fettsucht, Epilepsie, Nervosität, Zahnschmerzen und allen möglichen anderen Leiden ein. Berühmt und berüchtigt ist die „Blutegelmode“ besonders im Zeitraum von 1820 bis 1835. Der jährliche Blutegelverbrauch allein für die Pariser Hospitäler wurde von 1829 bis 1836 mit etwa 5 bis 6 Millionen Blutegel beziffert. Heute spielt ihre medizinische Verwendung kaum noch eine Rolle.
Blutegel medizinischen Anwendung - großer Blutegel

Zur umfassenden Analyse des Parasitenbestandes im Gewässer gehört auch die Erfassung der Innenschmarotzer (Ento- oder Endoparasiten). Ihre exakte Untersuchung und Bestimmung ist in der Regel Spezialisten vorbehalten. Oft kann man von bestimmten äußerlichen Anzeichen und Verhaltensweisen auf einen Befall mit Entoparasiten schließen. Bei dem in Ufernähe träge umher schwimmenden Dreistacheligen Stichlingen (Gasterosteus aculeatus) fällt sein bauchseits aufgetriebener, eckig wirkender Körperumriss auf. Über die Ursache besteht nach Öffnen der Leibeshöhle kein Zweifel mehr. Zahlreiche Larvenstadien (Plerocercoide) der Bundwurm-Gattung (Schistocephalus) füllen sie völlig aus und haben die inneren Organe beträchtlich zusammengedrückt.
Schöne Bilder von fließenden Gewässern - Naturbilder

Neben zahlreichen Saug-, Fadenwürmern, Kratzern und anderen Entoparasiten kommt in Fischen eine Reihe von Bandwurmarten vor. In ihrem oft komplizierten Entwicklungszyklus können Fische als Zwischen- und Endwirt eingeschaltet sein. Wenn man sich den Zyklus des Riemenwurms (Ligula intestinalis) näher ansieht erfährt man das der geschlechtsreife Riemenwurm zuerst im Darm von Wasservögeln (Tauchern, Möwen, Enten usw.) lebt. Eine echte Gliederung in viele Proglottiden (Glieder), wie sie z.B. für den Fischbandwurm typisch ist, fehlt dem bandförmigen Körper. Mit dem Vogelkot gelangen die Eier ins Wasser. Dort schlüpfen aus ihnen Wimperlarven (Coracidien), die von Ruderfußkrebsen gefressen werden. In ihrer Leibeshöhle entwickelt sich das Proceroid (Vorfinne). Wenn der Kleinkrebs von einem Fisch verschlungen wird, wächst das Proceroid nach Durchbohren der Darmwand in seiner Leibeshöhle zum 30 bis 75cm langen Plerocercoid (Vollfinne) heran. Der Zyklus schließt sich mit der Aufnahme des Pleroceroids durch einen Wasservogel (Endwirt). Die durch die Vollfinne verursachte Riemenwurmkrankheit (Ligulosis) bewirkt bei den erkrankten Fischen vor allem eine Verlangsamung des Wachstums, Abmagerung und Artophieerscheinungen der inneren Organe.
Schöne Bilder von Fischen

Parasiten Kuckuck

Wenden wir uns abschließend noch einer von den angeführten Fällen völlig abweichenden Form des Parasitismus, dem Brutparasitismus, zu. Das bekannteste Beispiel dafür ist wohl der Kuckuck (Cuculus canorus) Wirtsvögel, denen er ein Ei aus dem Nest entfernt, um ihnen dafür sein Ei buchstäblich unterzuschieben, sind in den mitteleuropäischen Feuchtgebieten hauptsächlich Teichrohrsängern (Acrocephalus scirpaceus), aber auch Drosselsängern (Acrocephalus arundinaceus), Bach- (Motalcilla alba) und Schafstelze (Motacilla flava). Interessanterweise spezialisiert sich das Kuckuck-Weibchen meist auf eine Wirtsart. Seine Eier sind dann denen dieser Art in Färbung und Zeichnung oft erstaunlich ähnlich. 
Kuckuck (Cuculus canorus) - Schöne Natur Vogelbilder

Vom jungen Kuckuck, der rascher als die Wirtsvogeljungen wächst und vielfach etwas eher (mindestens gleichzeitig) schlüpft, werden die rechtmäßigen Nestbewohner kurzerhand aus dem Nest befördert. Dies geschieht mitunter schon 10 Stunden nach seinem Schlupfakt. Der Kuckuck schiebt sich dazu unter das Wirtsvogelei (oder Wirtsvogeljunge) und nimmt es auf seinen Rücken. Dann stemmt er sich rückwärts an der Nestwand empor und wirft das Ei oder Wirtsjunge aus dem Nest. Nachdem alle Konkurrenten aus dem Weg geräumt sind, kommt die gesamte von beiden „Stiefeltern“ herbeigetragene Nahrung (zwei Individuen dienen hier also als Wirt!) allein dem rasch heranwachsenden Parasiten (Kuckuck) zu.
Kuckuck Junges schiebt Vogeleier aus dem fremden Nest - Naturbilder Kukuck