Wenden wir uns den sich in
erstaunlicher Vielfalt darbietenden Binnengewässer der Erde zu. Sie
gliedern sich in unter- und oberirdische Gewässer, wobei letzteres
wiederum in fließende und stehende Gewässer unterteilt werden.
Fließgewässer
Das System der Fließgewässer erinnert
meist an das reich verzweigte Nervennetz eines Blattes. Aus der
Quelle fließt das Wasser auf dem geneigten Gelände abwärts,
vereinigt sich mit anderen Quellrinnsalen zum Bach, wird zum Fluss
und schließlich zum Strom. Durch Zufluss weiterer natürlicher
Wasserläufe (durch Nebenflüssen) kann ein regelrechtes Flusssystem
entstehen. Die einzelnen Fließgewässer Abschnitte gehen dabei
allmählich ineinander über, so daß eine Unterteilung in Zonen
außerordentlich erschwert wird. Das gegenwärtig verwendete
Gliederungsschema der Fließgewässer legt im wesentlichen die
Jahrestemperaturamplitude und Stromsohlenstruktur zugrunde.
Auffälligstes und wichtigstes Merkmal
der Fließgewässer ist ohne Zweifel die Wasserbewegung. Sie übt auf
die Zusammensetzung der Pflanzen- und Tierwelt einen entscheidenden
Einfluss aus.
Stehende Gewässer
In stehenden Gewässern kommt es
im Gegensatz dazu nur zu geringfügigen Wassererneuerung. Die meisten
von ihnen verfügen über einen Zu- und Abfluss. In den Kreislauf des
Wassers integriert, befindet sich aber auch ihr Wasser auf dem Weg
zum Meer. Dieser Prozess läuft allerdings nahezu unmerklich ab. So
kann sich beispielsweise die mittlere theoretische Dauer der
Wassererneuerung pro Kilometer eines Flussabschnittes bis zu einer
Stunde, dagegen in der gleichlangen Strecke eines Sees über Wochen,
Monate, sogar Jahre erstrecken. Den Extremfall für Fließgewässer
liefern die Gebirgsbäche. Hier kann die Strömung mitunter 2.5 m pro
Sekunde erreiche. Bemerkenswert ist übrigens, dass auch in
Fließgewässern kleine „Stillwasserzonen“, wie z.B. zwischen dem
Geröll der Stromsohle oder in Buchten und Kolken, auftreten.
Der See
Hauptform der stehenden
Gewässer ist der See. Seine in einer geschlossenen
Hohlform des Bodens befindliche Wassermasse besitzt keine direkte
Verbindung zum Meer. Die zwar unterschiedlich starke, aber durch den
Windeinfluss immer wieder zustande kommende Wellenwirkung hat die
ursprüngliche Gestalt des Sees verändert. Landwärts entstand auf
diese Weise eine flache Uferzone. Der Seeboden gliedert sich somit in
zwei Hauptregionen, die Ufer- und Tiefenregionen. Letztere beginnt
unterhalb der Licht bedingten Grenze des Pflanzenwuchses und wird
strukturell vom geologischen Untergrund, den aus der Uferregion und
dem Bereich der Freiwasserregion abgelagerten Sedimenten bestimmt.
Natürlich lässt sich die Grenze zwischen den Regionen nicht scharf
ziehen. Sogar in der Tiefenregion können noch einige Bakterien und
Schwachlichtalgen eine positive Photosynthese Bilanz aufweisen.
Seengebiete
Häufig formieren sich Seen zu
Seengebieten, wie z.B. in Schweden oder besonders in Finnland,
dem „Land der tausend Seen“, wo diese etwa 9,6% (=31.613km²) des
Staatsgebiets bedecken. Die großen nordamerikanischen Seen stellen
mit einer Fläche von 246.481km² die größte zusammenhängende
Süßwassermenge der Erde dar. Daher ist es wohl kein Wunder, dass
die Seen von Anfang an im Mittelpunkt der Binnengewässer-Forschung
standen, und durchaus verständlich, wenn der Laie, nach Beispielen
für stehende Gewässer gefragt, häufig nur den See nennt. Weiher,
Teiche und Tümpel erfahren demnach eine ausgesprochen untergeordnete
Behandlung.