Das Rotwild
(Cervus elaphus) ist in Deutschland weit verbreitet. Vorallem
nach dem 2 Weltkrieg hat sich das Rotwild in Gebiete ausgedeht, in
denen es früher nicht vorkam. Sodass sie heute praktisch in allen
größeren Wäldern Europas Leben. Die Dichte ist jedoch
unterschiedlich. In den Karpatenwäldern wurden z.B. die
Rotwildbestände durch die Kriegsgeschehnisse stark verringert. Ihre
rasche Vermehrung wird unter anderem durch die Wolfsvorkommen
gehemmt, die das Wild verfolge und reißen.
Der Typ des
osteuropäischen Hirsches (Karpatenhirsch) kommt in Europa vorallem
im Osten der Slowakei vor. Weiter nach dem Westen geht er dann über
mehrere Zwischenformen in den Typ des mitteleuropäischen Hirsches
(Cervus elaphus hippelaphus), der in den böhmischen Gebieten und in
der westliche Slowakei lebt, über. In Europa unterscheidet man
weiterhin den schwedischen, den tyrrhenischen den kaukasischen
Rothirsch als Unterarten.
Der Karpatenhirsch
hat im Winter ein graues Haarkleid, während der Hirsch des
mitteleuropäischen Typs ein rostbraunenes oder
dunkelgraurotes Haarkleid besitzt. Der Karpatenhirsch erreicht
ein Gewicht von 180 bis 300 kg, die westlichen Hirsche dagegen meist
nur ein Gewicht von 150 bis 170 kg.
In den
Eichenwäldern der südwestlichen Slowakei zeigt sich deutlich der
Einfluss der Donauhirsche, die hauptsächlich in den Eichenwäldern
Ungarns und des Süd-Ostens Europas vorkommen. In Deutschland leben
zumeist nur Mischtypen dieser Art.
Das Rotwild lebt
in Rudeln. Hirsche und Tiere bilden außerhalb der Brunft getrennte
Rudel. Alte und kranke Tieren ziehen sich zumeist vom Rudel zurück
und streifen getrennt von diesem durch die Wälder. Während des
Rudel der Tiere für gewöhnlich von einem alten Leittier geführt
wird, erfolgt dies beim Hirschrudel durch einen jüngeren
Hirsch. Zu Beginn der Brunft bilden daher die einzelnen älteren
Hirsche (die sogenannten Platzhirsche) mit mehreren Tieren und deren
Nachkommen selbstständige Rudel, die während der Brunft
zusammenhalten. Neben dem Platzhirsch befinden sich in der Nähe des
Hirsch-Rudels manchmal ein bis zwei jüngere Hirsche (Beihirsche) die
sich auch aktiv an der Brunft beteiligen. Das Rotwild ernährt sich
ausschließlich von Pflanzen. Es isst Gras, Klee und Getreide, die
Knospen von Blütentrieben verschiedener Bäume, Pilze, Wildobst,
Eicheln, Bucheckern, Vogelbeeren, Rosskastanien, Blätter und schält
zudem die Rinde von Bäumen und Sträuchern ab um sie zu vertilgen.
Der Beginn und
Verlauf der Brunft hängen vom Wetter, dem
Geschlechtsverhältnis, dem Gesundheitszustand und dem Brunft beginn
des Kahlwildes ab. In Deutschland beginnt die Brunft der Hirsche
ungefähr Mitte September, manchmal jedoch schon Ende August. Die
dauer beträgt etwa 3 bis 4 Wochen. Die Hirsche lassen sich in dieser
zeit mit starker Stimme hören (der Hirsch schreit, röhrt und
orgelt). Der Rot-Hirsch beschlägt die Tiere nach und nach, so wie
sie brunftig werden. Zwischen Rivalen finden oft erbitterte Kämpfe
statt. In denen es oft dazu kommt das, die schwächeren Hirsche
solche Kämpfe ausnutzten und die Tiere, den den Kämpfenden
zuschauen, wegführen oder sie an Ort und Stell beschlagen.
Die
Entwicklungszeit der Rot-Hirsch Embryos dauert 34 Wochen. Die
Tiere setzen Ende Mai oder Anfang Juni ein, selten zwei behaarte
Junge, die auf dem Rücken weiß gefleckt und in der ersten
Woche schwach und unbeholfen sind. Die Kälber saugen die Milch der
Mutter bis in den späten Herbst, manchmal sogar bis in den Winter
hinein. Obwohl sie in der Zwischenzeit bereits gelernt haben, selbst
pflanzliche Nahrung aufzunehmen.
Im ersten Jahr
nennt man die Jungen des Rot-Wildes je nach Geschlecht Hirschkalb
oder Wildkalb und im zweiten Jahr Spießer bzw. Schmaltier. Ab
dem dritten Jahr heißen sie Hirsch und Tier, und später dann
Alttier. Der Hirsch ist im dritten Jahr, und das Tier bereits im
zweiten Lebensjahr geschlechtsreif.
Das Geweih des
Rothirsches sitzt auf den Strinbeinzapfen (Rosenstöcke). Auf
diesen werden zurerst die sogenannten Rosen, danach die Stangen mit
den einzelnen Enden gebildet. Die Stange endet entweder in einem
spießartigen Ende oder in einer Gabel oder in einer Krone. Man
unterscheidet außerdem den Augsproß, den Eissproß, den Mittelsproß
und den Wolfssproß. Der Aug- und Mittelsproß haben bei den Kämpfen
die größte Bedeutung. Das Geweih ist an sich geperlt oder gefurcht.
Das Rothirsch-Geweih ist dabei ein sekundäres Geschlechtsmerkmal und
dient dem Hirsch als Waffe und kennzeichnet dazu seine Stärke und
seinen Gesundheitszustand.
Im sechsten
Lebensmontat wachsen dem Hirschkalb auf den Schädelknochen
die Rosenstöcke, die dem Hirsch sein Leben lang erhalten bleiben.
Auf den Rosenstöcken bildet sich im zwölften bis vierzehnten
Lebensmonat das Geweih. Das erste Geweih schiebt der Hirsch im
September des zweiten Lebensjahres. Im Mai wirft das Hirschkalb es
ab. Das erste Geweih hat meist keine Enden und sein Träger wird
deshalb Spießer genannte.
Die Rosenstöcke
werden ungefähr nach zehn Monaten sichtbar. Die Geweihmasse, die in
subkutanen Adern herangeführt wird, setzt sich auf den Rosenstöcken
kegelförmig ab, und allmählich entsteht so das komplette Geweih.
Man sagt in diesem Zusammenhang das, der Hirsch schiebt das Geweih.
Das entstehende Geweih ist anfangs noch weich und an den Spitzen und
unter dem schützenden Bast sehr empfindlich. Der Basthirsch
sucht mit Vorliebe dichte Bestände auf, er zieht dann gern auf
luftige Höhen und steigt auch am ins Wasser. Wahrscheinlich
resultiert dieses Verhalten daraus, dass er sich von den Fliegen,
Mücken und anderen Insekten und deren Belästigungen zu entziehen
versucht. Ist das Hirsch-Geweih fertig ausgebildet, hört die
Blutzufuhr in den Bast auf, und er trocknet aus. Beim Austrocknen des
Bastes entsteht ein Juckreiz, der den Hirsch veranlasst, sein Geweih
an den dünnen Stämmen der verschiedenen Gehölzer im Wald blank zu
fegen und von den letzten Bastresten zu befreien. Der Bast hängt oft
noch teilweise einige Zeit in schweißigen Fetzen am Geweih, bis er
vollständig entfernt ist. Manchmal frisst der Hirsch den
abgefallenen Bast.
Das Geweih
ist am Anfang vollkommen blass und nimmt erst allmählich durch
Anlagerung von Gerb- und Huminsäure (Säfte der gefegten Gehölze)
sowie Schweißreste eine dunkle Farbe an. Die in jedem Frühjahr
abgeworfenen Geweihstangen bezeichnet man als Abwurfstangen. Die
Erfahrungen in den Wildparks zeigen, dass man durch die Bereicherung
des Futters mit verschiedenen anorganischen Substanzen (wie z.B.
Kalziumphosphat usw.) die Entwicklung des Hirsches positiv
beeinflussen kann.
Die jungen Hirsche
fegen im August, die älteren im Juli. Ein alter Hirsch wirft die
Geweihstange von Februar bis März, und ein jüngerer im April ab.
Kranke oder verletzte Hirsche werfen ihr Geweih entweder sehr spät
oder garnicht ab. Der Hirsch wirft die beiden Stangen seinen Geweihs
in der Regel nicht zur gleichen Zeit ab.
Das erst Geweih
hat stets die Form eines Spießes. Dabei ist charakteristisch, dass
diese Stangen keine Rosen besitzen. Auch das zweite Geweih eines
schlecht entwickelten Hirsches können Spieße sein, dann allerdings
mit Rosen. Wenn der Hirsch an jeder Stange zwei Enden hat (Gabel),
dann spricht man von einem Gabler und später vom Sechsender oder
Sechser, Achter, Zehner, Zwölfer, Vierzehner oder Vierzehnender usw.
Hat der Hirsch an einer Stange weniger Enden als auf der
anderen, dann bezeichnet man den Hirsch nach der Stange mit der
größten Anzahl an Enden. Das wäre dann ein ungerader Achter,
Zehner usw.
Die Enden des
Geweihs wachsen beim Hirsch nicht proportional zur Anzahl
seiner Lebensjahre. Gewöhnlich wächst als zweites Geweih nicht das
eines Gablers, sondern das eines Sechsers oder sogar Achters. Ein
vierjähriger Hirsch kann sowohl ein Sechser als auch ein Achter,
Zehner oder Zwölfer sein. Im hohen Alter kann der Hirsch wieder bis
auf die Spießerstufe zurückkehren.
Das Alter des
Hirsches (auch des Rehbocks) können leicht nach Gebiss und
Stirnbeinnaht abgeschätzt werden. Die Stirnbeinnaht ist zwischen den
Rosenstöcken eines jungen Hirsches deutlich erkennbar und verwächst
mit zunehmendem Alter des Hirsches immer mehr. Das Alter lässt sich
aber auch nach der Stellung und den Abmessungen der Rostenstöcke
sowie anderen Merkmalen des Schädels bestimmen. Das Gebiss gibt auch
einen Hinweis auf das Alter eines Hirsches. Form und Abnutzung
der Molaren (Mahlzähne), Schneidezähne und Grandeln bzw. Haken, der
Winkel der Schneidezähne, Form, Länge, Färbung sowie Höhe des
Zahnes weisen auf das Alter von Hirschen sowie auch bei Rehböcken
hin.
Der Hirsch wird
bis zu zwanzig Jahre alt, nur selten älter. Ein sehr gutes Merkmal
für das Alter des Hirsches ist die Körperform, nach der ein geübter
Beobachter ziemlich zuverlässig das Alter eines Hirsches erkennen
kann. Während ein Hirsch vom zweiten oder dritten Kopf sich durch
seinen schlanken Körper, einen schmalen, fast geraden Träger
(Rücken) mit schwacher Brustmähne auszeichnet, hat der Hirsch vom
vierten Kopf bereits einen mächtigeren Körper mit einer dichteren
Brustmähne und ersten Anzeichen einer Wanne. Hirsche vom
fünften bist achten Kopf, haben bereits einen ziemlich gedrungenen
Körper, ihre Brunftmähne ist stark, so dass auch der Träger
stärker und kürzer wirkt. Das Haupt wirkt stumpfer und wird weniger
hoch getragen. Die Bewegungen sind langsam. Ältere Hirsche, die den
Höhepunkt der Entwicklung bereits erreicht haben, besitzen dazu eine
starke und mächtige Brust, so dass es aussieht, als hätten sie
kurze Läufe (Beine). Das Haupt tragen die Älteren Hirsche stark
geneigt, und am Träger haben sie eine starke Brustmähne. Ihr Haupt
ist dazu kurz und gedrungen, was den alten Hirschen ein ernstes
Aussehen verleihen. Sie sind aber sehr vorsichtige und vermeiden
freie Stellen im Wald.
Die Grandeln oder
Haken sind die Augenzähne im Oberkiefer des Rotwildes von Hirsch und
Tier. Je älter sie sind, umso abgeschliffener sind die Grandeln, und
umso kürzer ist die Zeichnung. Es gibt 15- bis 18jährige Hirsch,
deren Grandeln vollkommen abgenutzt sind oder die überhaupt keine
mehr haben. Form, Größe, Winkel und Abschliff der Grandeln und der
Schneidezähne dienen ebenfalls der Altersbestimmung.
Der Perückenhirsch
ist ein Rotwild, der ein ständig weiterwachsendes, missgebildetes
Bastgeweih besitzt, das zumeist infolge einer Verletzung der
Geschlechtsorgane oder einer Krankheit gebildet wird, sodass er nicht
fortpflanzungsfähig ist.
Ein überalterer
Hirsch ist dagegen ein Hirsch, der bereits den Höhepunkt seiner
Entwicklung, die im zwölften bis vierzehnten Jahr liegt,
überschritten hat. Die Anzahl der Enden nimmt bei diesen Tieren
ständig und rasch ab, und sein Geweih wird immer schwächer.
Ein Hirsch mit
langen, spitzen Stangen und einer kleinen Anzahl an Enden ist bei
Brunftkämpfen für die anderen Hirsche sehr gefährlich. Er
wird daher als „Schadhirsch“ oder auch „Mörder“ bezeichnet.
Das Rotwild
sucht genauso wie das Schwarzwild regelmäßig sumpfige Stellen auf,
wo es suhlt. Dadurch entledigt es sich der Parasiten
oder verschafft sich Abkühlung.
Größere Schäden
in den Rotwildbeständen können durch Wolf, Bär und Luchs
verursacht werden. Jedoch fällt der Luchs nur schwache und junge
Tiere an. Wildernde Hunde sind für die Hirschkälber besonders
gefährlich. Zahlreiche Ekto- (Aussen) und Endo- (Innen) parasiten
befallsn zudem das Rotwild und schädigen es mehr oder minder stark.