Auch bei uns liegen die naturnahen Landschaften heute im Brennpunkt vielfältiger gesellschaftlicher Interessen. Nicht nur Forstleute, Biologen, Naturschützer oder Jäger, sondern auch Landwirtschaft und Industrie, und vor allem die erholungssuchenden Menschen erheben zunehmend Anspruch auf die grünen Zonen. Unser Landeskulturgesetz verkündet Recht und Verpflichtung, die Natur nicht vor den Menschen, sondern für die Menschen zu schützen. Dieser hohe Anspruch setzt immerwährende Aufklärungsarbeit, Verständnis und Disziplin in allen Bevölkerungsschichten voraus.
Als der Mensch in
der Altsteinzeit begann, sich Abbilder von Tieren in Felshöhlen zu
schaffen, ließ er seine Umwelt noch weitgehend unberührt, denn er
war ausschließlich Jäger und Sammler. Erst mit dem Ackerbau und der
Viehzucht setzte das Planen und Verändern ein, und je weiter dieser
gesellschaftliche Prozess fortschritt, desto stärker begann der
Mensch die Natur auch an seinem Maß zu messen. Pflanzen und Tiere
teilte er nach dem Gesichtspunkt ihrer Nützlichkeit für ihn ein.
Das Verhältnis von Nutzen und Schaden bestimmte ihre Existenz.
Heute, da uns die Erkenntnis der Ökologie und die Verantwortung für
das gestörte Gleichgewicht der Natur veranlasst haben, dieses
einseitige Nützlichkeitsdenken aufzugeben, beginnen wir auch
allmählich zu begreifen, dass jeder Art von Naturschutz nur im
größeren Rahmen des Umweltschutzes dauerhaft Erfolg beschieden sein
kann. Denn die Erhaltung einer Tierart hängt nicht nur vom Schutz
ihrer Individuen ab, sondern weit mehr von der Existenz einer
artlichen Vielfalt ihres Biotops und primär von der Erhaltung der
schwindenden Lebensräume überhaupt.
In Mitteleuropa
begegnen wir heute kaum noch unberührten Naturbiotopen größeren
Ausmaßes mit vielgestaltigem Tierbestand, sondern mehr oder weniger
ausgeprägten Kulturlandschaften, die schon viele ursprüngliche
Lebensräume verloren haben, in denen bereits viele Tierarten
verdrängt oder ausgeschaltet sind. Die fortschreitende Vernichtung
von Lebensräumen und das Aussterben von Tierarten sind jedoch ein
weltweites Problem. Professor Peter Scott, Sohn des bekannten
Polarforschers Robert Scott, hat als erster versucht, die Namen
gefährdeter Tiere und Pflanzen aus der ganzen Welt in einem „Roten
Buch“ zusammenzustellen.
Darin gibt die Farbe der einzelnen
Buchseiten Auskunft über den jeweiligen Grad der Gefährdung. Waren
es anfangs nur rund dreißig vom Aussterben bedrohte Tierarten, so
sind es heute bereits über eintausend! Inzwischen ist auch die
Spezifik der Schutzmaßnahmen so umfangreich geworden, dass heute
viele Länder, wie Russland, Großbritannien oder die Schweiz, eigene
„Rote Bücher“ für ihre Staatsgebiete rausgeben.
In der
Naturschutzpraxis haben sich Nationalparks und Naturschutzgebiete als
die günstigste Methode zur Erhaltung ganzer Lebensräume erwiesen.
In Russland wurden bereits 1919 als erstes das Wolgadelta unter
Naturschutz gestellt. Seitdem wuchsen die Bestände der dort bereits
bedrohten Arten wieder sprunghaft an: beim Elch um das Dreifache,
beim Biber um das Zwölffache und beim Zobel um das
Einhundertfünfzigfache. Die Zahlen der Nationalparks und
Naturreservate in der ganzen Welt steigt heute von Jahr zu Jahr, und
auch die Naturschutzgesetze werden in vielen Staaten immer strenger.
Auch
in Deutschland verfolgen die Naturschutzbemühungen vorrangig das
Ziel, weiteren Zerstörungen von Naturbiotopem entgegenzuwirken und
insbesondere Wälder, Heiden und Feuchtgebiete wie Sümpfe, Moore,
Riedlandschaften oder Naturgewässer zu erhalten. Sie alle sind nicht
nur für unseren Wasserhaushalt von entscheidender Bedeutung, sondern
auch die natürlichen Lebensräume für viele bedrohte Vogelarten,
Kriechtiere und zahlreiche Lurche wie Molche, Salamander, Frösche
und Kröten. Dieses
Themengebiet wurde in diesem Blog ja bereits beschrieben
Wasserflächen
bereichern das Landschaftbild
Letztere brauche
die Feuchtgebiete für ihre Fortpflanzung ebenso wie für die
Nahrungssuche. Auf ihren Wanderungen zu den Laichplätzen, die sie
seit Generationen benutzen, stoßen sie immer häufiger auf
unüberwindliche Hindernisse, die der Mensch ihnen unbedacht in den
Weg baut. Das Trockenlegen der Feuchtgebiete zerstört nicht nur ihre
Lebensgrundlage. Wo sie aussterben, verschwinden auch die Störche
und viele andere Wat- und Schreitvögel, die sich zum guten Teil von
ihnen ernähren. Der Schutz unserer Vogelwelt ist schon aus
biologischen Gründen wichtig, denn die Vögel als natürliche
Schädlingsbekämpfer in der Landschaft und im Forst verursachen
keine schädlichen Nebenwirkungen wie Insektizide, die leider in
zunehmendem Maße versprüht werden.